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Datenschutz DSGVO Art. 17 Arbeitnehmerdatenschutz: Zum Löschungskonzept von Bewerberdaten

Eine gesicherte obergerichtliche Rechtsprechung zur Löschungsfrist zu Art. 17 DSGVO ist noch nicht vorhanden. Die Literaturmeinung sieht ohne Zweck-Vereinbarung oder Einwilligung des Bewerbers eine maximale Obergrenze von sechs Monaten als zulässig.

So wird eine Quartalslöschung zwar vertretbar sein aber immer nur für maximal die letzten zwei Quartale und nicht darüber hinaus. Mangels Rechtsprechung sind auch die Behördenvorgaben zu berücksichtigen. Ich habe Ihnen den Link zum Datenschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg eingefügt und die für diese Fragestellung maßgebliche Passage seiner Einschätzung kopiert und angehängt. Wenn es nach der Behörde geht, ist die maximale Obergrenze vier Monate (s.u.) nach der Ablehnung des Bewerbers.

Das Löschungskonzept sollte daher eher in die andere Richtung angepasst werden als die Literaturmeinung zu strapazieren.

Hat sich der Kandidat gegen das Unternehmen als seinen zukünftigen Arbeitgeber entschieden oder dieser die Bewerbung der einzigen Frau bevorzugt behandelt und den männlichen Mitstreitern eine Abfuhr erteilt, sind deren Bewerbungsunterlagen unwiederbringlich zu löschen bzw. zu vernichten. Mit der Entscheidung eines bestimmten Bewerbers für eine vakante Stelle ist der Zweck der übrigen Bewerbungsunterlagen – nämlich das Auswahlverfahren – weggefallen und diese somit zu löschen oder dem Bewerber wieder auszuhändigen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn eine Bewerbung von sich aus zurückgezogen wird. Fast jede negative Personalentscheidung birgt jedoch die Gefahr eines Anti-Diskriminierungs-Prozesses wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Um Schadensersatzforderungen erfolgsversprechend abwehren zu können, benötigen Arbeitgeber häufig die Bewerbungsunterlagen. Ohne sie wird es Arbeitgebern nur schwer möglich sein nachzuweisen, dass ein Bewerber nicht aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt wurde. Die Gefahr, einer AGG-Klage ausgesetzt zu werden, besteht aber nicht ewig. Will ein Bewerber eine Benachteiligung wegen eines vom AGG verbotenen Merkmals geltend machen, muss er dies innerhalb der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG tun. Hinzu kommt, dass auch bei Einreichung einer solchen Klage beim Arbeitsgericht zunächst noch die Zustellung der Klage an den Beklagten erfolgen muss, was wiederum Zeit in Anspruch nimmt. Dafür muss deshalb ebenfalls ein zeitlicher „Puffer“ eingerechnet werden. Angelehnt an eine diesbezüglich eingeholte Auskunft bei den Arbeitsgerichten des Landes Baden-Württemberg geht der LfDI BW von einem Zeitraum von etwa 10 Werktagen aus, der im Durchschnitt bis zur Klagezustellung durch das Gericht verstreicht. Unter Berücksichtigung aller möglicherweise eintretenden Verzögerungen bei der Zustellung weitet er den Zeitraum deshalb aus Kulanz auf zusätzliche zwei Monate aus. Der LfDI BW hält eine Speicherung von Bewerbungsunterlagen nach Abschluss des Auswahlverfahrens über vier Monate hinaus daher für nicht erforderlich und empfiehlt Arbeitgebern, nach Ablauf dieser Zeitspanne eine (automatische) Löschung zu veranlassen.

Praxistipp:

Um die Löschfrist von vier Monaten für Bewerbungsunterlagen abgelehnter oder nicht mehr interessierter Bewerber auf eine konkrete Stelle einzuhalten, sollten die Datenverarbeitungsprogramme so konfiguriert werden, dass eine eigenständige Löschung im entsprechenden Turnus erfolgt.

Es gibt aber auch Fälle, bei denen beide Seiten an einer längeren Speicherung bzw. Aufbewahrung der Bewerbungsunterlagen interessiert sind. Solche Konstellationen findet man insbesondere bei weltweit tätigen Konzernen, die laufend neue Stellen ausschreiben, und bei Initiativbewerbungen. Gibt ein Bewerber unmissverständlich zu verstehen, dass er auch an anderen Positionen im Unternehmen interessiert wäre und bei zukünftigen Stellenbesetzungen berücksichtigt werden möchte, dürfen seine Unterlagen aufgrund dieser Einwilligung auch für längere Zeit gespeichert werden.

(Quelle: Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg Website: https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/)

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