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Kein Auskunftsanspruch einer abgelehnten Stellenbewerberin

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2013 – 8 AZR 287/08

Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft dahingehend, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat.

Die 1961 in der UdSSR geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle „eines/einer Softwareentwicklers/-in“ beworben. Sie erhielt eine Absage. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich gewesen waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte abgelehnt, die Entschädigungsklage blieb ohne Erfolg. Auf die Vorlage des Bundesarbeitsgerichts an den Europäischen Gerichtshof habe dieser mit Urteil vom 19.04.2012 (C- 415/10) entschieden, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch auch nicht aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe, die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Arbeitgeber jedoch unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen könne, der beim Nachweis der Tatsachen heranzuziehen sei, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Der Vortrag der Klägerin genügte dem Bundesarbeitsgericht nicht. Die Klägerin habe zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen habe. Auch die Verweigerung jeglicher Auskunft durch die Beklagte habe im Streitfalle nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin i.S.d. § 7 AGG begründet.

Fazit:

Der Leitsatz der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lautet:

Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sind dahin gehend auszulegen, dass sie für einen Arbeitnehmer, der schlüssig darlegt, dass er die in einer Stellenausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt, und dessen Bewerbung nicht berücksichtigt wurde, keinen Anspruch auf Auskunft darüber vorsehen, ob der Arbeitgeber am Ende des Einstellungsverfahrens einen anderen Bewerber eingestellt hat.

Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Beklagten ein Gesichtspunkt sein kann, der im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, heranzuziehen ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

Infolgedessen hat das Bundesarbeitsgericht der Klägerin die begehrte Auskunft versagt. § 22 AGG überträgt dem Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung gemäß den Bestimmungen des AGG vorgelegen habe. Damit diese Beweislastumkehr greift, muss der Arbeitnehmer hinreichende Indizien vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Es genügt seitens des Arbeitnehmers also nicht sich auf ein Merkmal nach § 1 AGG (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Orientierung) zu berufen. Allerdings ist es wiederum nicht erforderlich, den Vollbeweis einer Benachteiligung zu führen. Es genügt Indizien vorzutragen, die eine Benachteiligung vermuten lassen – diese müssen aber auch vorgetragen werden.

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