Vetter Gerlach Hartmann Rechtsanwälte
Aktuelle Fachbeiträge
 

Die Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen im Baugewerbe vom 06.07.2015 sind wirksam

Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 06.07.2015 des Tarifvertrags über das

Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV), des Tarifvertrags über die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV) und des Tarifvertrags über eine zusätzliche Altersversorgung im Baugewerbe (TZA Bau) sind rechtswirksam. Die nach § 5 TVG* geforderten Voraussetzungen waren erfüllt; insbesondere bestand ein öffentliches Interesse an den Allgemeinverbindlicherklärungen.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 21.03.2018 - 10 ABR 62/16 entschieden.

Auf Antrag der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 06.07.2015 nach § 5 TVG den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 03.05.2013 idF vom 10.12.2014, den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) vom 04.07.2002 idF vom 10.12.2014, den Tarifvertrag über die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV) vom 10.12.2014 und den Tarifvertrag über eine zusätzliche Altersversorgung im Baugewerbe (TZA Bau) vom 05.06.2014 idF vom 10.12.2014 mit bereits im Antrag enthaltenen Einschränkungen bezüglich des betrieblichen Geltungsbereichs („Große Einschränkungsklausel“) für allgemeinverbindlich erklärt (AVE VTV 2015, AVE BRTV 2015, AVE BBTV 2015 und AVE TZA Bau 2015).

Die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge regeln das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV), die zusätzliche Altersrente im Baugewerbe (TZA Bau) und die Rahmenbedingungen der Beschäftigung im Baugewerbe (BRTV). Bei den Sozialkassen des Baugewerbes (SOKA-BAU) handelt es sich um gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes (Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt - IG BAU -, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. - HDB - und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V. - ZDB -). Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse erbringt Leistungen im Urlaubs- und Berufsbildungsverfahren, die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes zusätzliche Altersversorgungsleistungen. Zur Finanzierung dieser Leistungen werden nach Maßgabe des VTV Beiträge von den Arbeitgebern erhoben. Durch die AVE gelten die Tarifverträge nicht nur für die tarifgebundenen Mitglieder der Tarifvertragsparteien, sondern auch für alle anderen Arbeitgeber der Branche. Sie sind verpflichtet, die tariflichen Arbeitsbedingungen einzuhalten und Beiträge an die Sozialkassen zu leisten. Sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer erhalten Leistungen von den Sozialkassen.

Bei den Antragstellern handelt es sich um Arbeitgeber, die nicht Mitglied einer tarifvertragsschließenden Arbeitgebervereinigung sind und deshalb nur auf Grundlage der Allgemeinverbindlicherklärungen zu Beitragszahlungen herangezogen wurden. Sie haben die Auffassung vertreten, § 5 TVG in der seit dem 16.08.2014 geltenden Fassung sei verfassungswidrig. Die Tarifverträge seien mangels Tariffähigkeit und/oder Tarifzuständigkeit der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes unwirksam. Im Übrigen hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Allgemeinverbindlicherklärungen nicht vorgelegen; insbesondere habe kein öffentliches Interesse an den Allgemeinverbindlicherklärungen bestanden. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen und festgestellt, dass die angegriffenen Allgemeinverbindlicherklärungen wirksam sind.

Die vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden hatten vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die angegriffenen Allgemeinverbindlicherklärungen vom 06.07.2015 des VTV, des BRTV, des BBTV (soweit über diese eine Entscheidung erging) und des TZA Bau sind wirksam. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 5 TVG neuer Fassung hat der Senat nicht. Dies gilt auch hinsichtlich der Bestimmung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen über gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (§ 5 Abs. 1a TVG). Vernünftige Zweifel an der Tariffähigkeit oder der Tarifzuständigkeit der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes bestanden nicht. Das BMAS durfte annehmen, dass der Erlass der angegriffenen Allgemeinverbindlicherklärungen im öffentlichen Interesse geboten erschien.

*§ 5 TVG in der seit dem 16.08.2014 geltenden Fassung lautet auszugsweise:

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder :

1. die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1. den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,

2. eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,

3. die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,

4. eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,

5. Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.

Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(Quelle: Pressestelle Bundesarbeitsgericht)

Diesen Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren