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Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.05.2015 – 9 AZR 725/13

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Die Regelung in § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz), wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht.

Die Klägerin war seit April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt EUR 2.000,00 im Seniorenheim der Beklagten beschäftigt. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.05.2012 in Elternzeit. Mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012 verlangte sie von der Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht und hat dieser deshalb Urlaubsabgeltung i.H.v. EUR 3.822,00 brutto zugesprochen. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen, weil die Regelung in § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, voraussetze, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehle es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist der Abgeltungsanspruch entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Damit konnte die Beklagte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.05.2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern.

Fazit:

Insbesondere das Urlaubsrecht befindet sich in einem ständigen Wandel. Nach der sog. Surrogatstheorie war der Urlaubsabgeltungsanspruch ein Surrogat, ein reiner Ersatz, für den Urlaubsanspruch. Ging der Urlaubsanspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter, so galt dies automatisch für den Urlaubsabgeltungsanspruch. Nach neuerer Rechtsprechung ist es nun so, dass wenn sich der Urlaubsanspruch einmal in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt hat, wie dies bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Fall ist, dieser den Regeln ganz normaler Zahlungsansprüche unterliegt. Folglich kann dieser Zahlungsanspruch nicht mehr wie ein reiner Urlaubsanspruch wegen der Elternzeit gekürzt werden.

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