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Sozialrecht ALG II ist grundsätzlich unpfändbar

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II waren bisher gemäß § 54 Absatz 4 SGB I wie Arbeitseinkommen, d. h. nach Maßgabe der Vorschriften in den §§ 850c ff. ZPO, pfändbar. Mit der Änderung wird die Regelung zur Unpfändbarkeit des Anspruchs auf Sozialhilfe (§ 17 Absatz 1 SGB XII) entsprechend auf das SGB II übertragen. Wie die Sozialhilfe dienen die Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB II – insbesondere Arbeitslosengeld II und Sozialgeld – der Sicherung des Existenzminimums und sollen daher bei den leistungsberechtigten Personen verbleiben. Auch verwaltungsökonomische Gründe sprechen dafür, die SGB II-Leistungen als grundsätzlich unpfändbar auszugestalten. Für die Träger der Grundsicherung entfällt der Aufwand zur Ermittlung der pfändbaren Beträge nach den §§ 850c ff. ZPO. Dieser entsteht, auch wenn sich in aller Regel keine pfändbaren Beträge errechnen. Daher ist es sachgerecht, die Leistungen von vornherein als unpfändbar auszugestalten.

Zusätzlich wird entsprechend der Regelung in § 17 Absatz 1 SGB XII der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als nicht übertragbar oder verpfändbar ausgestaltet.

Die Entscheidung des Sächsi­schen Landes­so­zi­al­ge­richts vom 27.10.2016, Az: L 7 AS 1051/15, ist zur alten Rechtslage ergangen und überholt, soweit in Leitsatz 3 auf die Pfändbarkeit abgestellt wird:

Leitsatz

1. Die nach Abgabe der Drittschuldnererklärung geänderte Klage auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die verspätete Drittschuldnererklärung entstanden ist, ist statthaft. Die Klage ist in dem Umfang begründet, in dem die Klägerin den Schaden geltend macht, der ihr durch die Erhebung einer unbegründeten Leistungsklage entstanden ist. Hiervon sind jedenfalls die Gerichtskosten und die der Klage vorausgehend notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten umfasst. Es besteht kein Anspruch auf Schadenersatz aufgrund unterlassener Pfändungen bei Dritten und für vorgerichtlich aufgewandte Mahnkosten, die sich auf eine nochmalige Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung beziehen (Anschluss an LSG Chemnitz, Urteil vom 21.07.2015 – L 5 R 896/13).

2. Die für eine nach verspäteter Abgabe der Drittschuldnererklärung erfolgte Zahlungsaufforderung des Drittschuldners durch den mit der Beitreibung der Forderung beauftragten Rechtsanwalt entstandenen Gebühren sind jedoch von der in § 840 Abs. 2 ZPO normierten Schadenersatzpflicht umfasst (Anschluss OLG Dresden, Urteil vom 01.12.2010 – 1 U 475/10; AG Bremen, Urteil vom 07.02.2012 – 18 C 262/11).

3. Der Schadenersatzanspruch des § 840 Abs. 2 ZPO wird nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen, denn Leistungen nach dem SGB II sind pfändbar.

Die Neuregelung ist wie folgt seit Oktober 2016 in Kraft:

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2954)

§ 42 Fälligkeit, Auszahlung und Unpfändbarkeit der Leistungen

(1) Leistungen sollen monatlich im Voraus erbracht werden.

(2)

1. Auf Antrag der leistungsberechtigten Person können durch Bewilligungsbescheid festgesetzte, zum nächsten Zahlungszeitpunkt fällige Leistungsansprüche vorzeitig erbracht werden.

2. Die Höhe der vorzeitigen Leistung ist auf 100 Euro begrenzt.

3. Der Auszahlungsanspruch im Folgemonat verringert sich entsprechend.

4. Soweit eine Verringerung des Auszahlungsanspruchs im Folgemonat nicht möglich ist, verringert sich der Auszahlungsanspruch für den zweiten auf die Bewilligung der vorzeitigen Leistung folgenden Monat.

5. Die vorzeitige Leistung ist ausgeschlossen,

1. wenn im laufenden Monat oder im Monat der Verringerung des Leistungsanspruches eine Aufrechnung zu erwarten ist,

2. wenn der Leistungsanspruch im Folgemonat durch eine Sanktion gemindert ist oder

3. wenn sie bereits in einem der vorangegangenen zwei Kalendermonate in Anspruch genommen wurde.

(3)

1. Geldleistungen nach diesem Buch werden auf das im Antrag angegebene Konto bei einem Geldinstitut überwiesen, für das die Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.03.2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (ABl. L 94 vom 30.03.2012, S. 22) gilt.

2. Werden sie an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Leistungsberechtigten übermittelt, sind die dadurch veranlassten Kosten abzuziehen.

3. Dies gilt nicht, wenn Leistungsberechtigte nachweisen, dass ihnen die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist.

(4)

1. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

2. Die Abtretung und Übertragung nach § 53 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

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