Pfusch am Bau – Mängelrechte und Ansprüche auf Gewährleistung
Welcher Bauunternehmer oder Sachverständige käme auf die Idee, dass eine dem Stand der Technik entsprechende Leistung oder eine sogar darüber hinausgehende Leistung mangelhaft sein kann? Eine Leistung ist (subjektiv) mangelhaft, wenn sie nicht der vertraglichen Vereinbarung entspricht. Dies gilt sowohl im Bauvertrag nach BGB als auch im VOB/B-Vertrag.
Darüber hinaus ist die Funktionalität gefordert. Auch eine den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Leistung kann mangelhaft sein, wenn sie die vertraglich vereinbarte Funktion nicht erfüllt. Ist eine konkrete Verwendungseignung vorgegeben, muss diese vom Unternehmer umgesetzt werden. Die marktübliche Leistung oder die anerkannten Regeln der Technik helfen auch hier nicht weiter.
Umgekehrt ist ein Verstoß gegen die Regeln der Technik immer dann kein Mangel im Rechtssinne, wenn ausdrücklich ein niedrigerer Leistungsstand vereinbart wurde. Dies bedeutet in vielen Fällen, dass zunächst der Richter – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen – festlegen muss, nach welchem Maßstab die vertraglich vereinbarte Leistung überhaupt auf Mangelfreiheit geprüft werden muss. Erst mit diesem Maßstab kann der Sachverständige inhaltlich und technisch überprüfen, ob ein Mangel vorliegt.
Dennoch ist die Einschaltung eines Sachverständigen in den meisten Mangelfällen nicht falsch. Der Sachverständige sollte aber mit dem vertragsrechtlichen Problembewusstsein – was war eigentlich vereinbart, welche Funktionalität war besprochen – ins Rennen geschickt werden. Lediglich wenn derartige Vereinbarungen fehlen, kann der Sachverständige auf der Grundlage des Regelwerks und der Marktüblichkeit prüfen.
Umgekehrt sollte sich der Bauherr möglichst frühzeitig darüber im Klaren sein, was er will. Je genauer die beabsichtigte Verwendung des Bauwerks beschrieben und je genauer die einzelnen Teilleistungen vereinbart werden, desto klarer ist der individuelle Maßstab des Richters und des Sachverständigen. Wer vertraglich vorschreibt, dass alle Räume auch bei Frosttemperaturen von -20 °C auf 30 °C aufgeheizt werden können müssen, erhält eine entsprechend leistungsfähige Heizungsanlage. Der Preis, den er dafür bezahlen muss, steht auf einem anderen Blatt.
Entsteht für den Bauherren subjektiv der Eindruck eines Mangels, ist schnelles Handeln sinnvoll. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auftraggeber selbst keinen Architekten oder Bauleiter oder eine sonstige fachkundige Person beauftragt hat, welche seine Interessen effektiv wahrnehmen kann. Die schnelle Klärung ist im Übrigen auch für den Unternehmer wünschenswert, da die Kosten der Mangelbeseitigung regelmäßig bei früher Entdeckung der Mängel deutlich geringer ausfallen.
Die fachkundige Beratung kann den Bauherrn und damit letztendlich auch den Unternehmer auch davor schützen, mit überzogenen Ansprüchen in den Krieg zu ziehen. Oft sind Kleinigkeiten die größten Aufreger, während echte fachtechnische Probleme von Bauherren übersehen werden. Umgekehrt ist nicht jedes physikalische Phänomen auf der Baustelle gleich ein Mangel im Rechtssinne. Risse können bis zu einer bestimmten Rissbreite innerhalb der Toleranz liegen, gleiches gilt z. B. für Maßabweichungen im Roh- oder Trockenbau… Wer hier absolut perfekte Leistungen erwartet, muss dies vereinbaren (und dafür regelmäßig mehr bezahlen).
Umgekehrt ist das Märchen vom „optischen Mangel“ zu relativieren. Ganz eindeutig ist ein optischer Mangel ein Mangel im Rechtssinne, wenn er der Funktionalität zuwider läuft. Wer viel Geld für eine akkurate und repräsentative Gestaltung ausgibt, hat keinerlei Verständnis dafür, auf eine Minderung des Werklohnes verwiesen zu werden. Umgekehrt wird ein „Schönheitsfleck“ an der Kelleraußentreppe im Hinterhaus kaum zu einem Mangelbeseitigungsanspruch führen.
Ob und inwieweit die Mangelbeseitigung zumutbar ist, ist eine Rechtsfrage. Sachverständige vertreten hier oft andere Ansichten als die entscheidenden Richter. Ob Sie sich überhaupt auf eine Minderung einlassen müssen und wie viel Sie bekommen, sollten Sie daher nicht nur mit den Sachverständigen, sondern auch mit Ihrem Rechtsberater besprechen.
Wir vertreten die Interessenlagen aller Beteiligten vom Investor bis zum Baustofflieferanten. Mit Ihrer Fragestellung können Sie uns hier kontaktieren. Wir sichern Ihnen eine Antwort innerhalb der nächsten zwei Werktage zu.
Abgrenzung zum Kaufvertrag
Der Themenkatalog ist umfangreich. Mängelansprüche sind entsprechend häufig Streitthema.
Mangelbegriff
- Wann liegt ein Mangel vor
- Beweislast
- Wie wird ein Mangel festgestellt
- Kosten der Feststellung
- Instruktionen für Sachverständige
Bedenken des Unternehmers
- Pflichten zur Bedenkenanmeldung
- Sonderfall: Sicherheitsrelevanz, Baueinstellung
- Rechtsfolgen: a) Verletzung b) Einhaltung
Mangelansprüche während der Ausführung
- Pflichten des Unternehmers
- Rechtsfolgen
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
Mängel zum Zeitpunkt der Abnahme
- Fremdschäden (Leistungsgefahr)
- Abnahmeverzug und Unterbrechung
- Abnahmereife
- Abnahmeverweigerung
- Rechtsfolgen
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
- Taktische Überlegung: § 648 a BGB
- Abnahme unter Vorbehalt
- Rechtsfolgen
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten: Zurückbehaltungsrecht und Druckzuschlag
- Wann ist der Druckzuschlag nicht zulässig?
- Vorbehaltlose Abnahme
- Rechtsfolgen
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
Nacherfüllung / Gewährleistung
Stufe 1:
- Nacherfüllung
- Neuherstellung
- Wahlrecht
- Nachbesserung
- Unzumutbarkeit
- „Schönheitsfehler“
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
- Minderung
Stufe 2:
- Ersatzmaßnahmen
- Rücktrittsrecht
- Selbstvornahme
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
Aufwendungen des Vertragspartners
Mangelfolgeschäden
- Haftung
- Haftpflichtversicherung
- Umfang
- Schadensminderungspflicht
- Mitverschulden
- Folgen für Vergütung und Sicherheiten
Verjährung
- Hemmung (Verlängerung) der Verjährungsfrist
- Unterbrechung und Neubeginn der Frist
Vertragliche Vereinbarungen zum Mangelanspruch
Allgemeine Geschäftsbedingungen des Vertragspartners
„After Sales“ Gedanken zur Kulanz