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Dashcam: Keine Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen einer Autokamera

Entscheidung des Amtsgerichts München vom 13.08.2014 – 345 C 5551/14

Aufzeichnungen mit Hilfe einer auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe von Fahrzeugen angebrachten Videokamera ("Dashcam"), die während der Fahrt fortwährend aufzeichnet, können im Zivilprozess nicht als Beweismittel verwertet werden.

Ein PKW-Fahrer (Kläger), der in einen Unfall verwickelt wurde, möchte im Rahmen des Prozesses seine Unschuld mit Videoaufzeichnungen seiner Car-Cam bzw. Dashcam beweisen. Am 14.01.2014 um ca. 17 Uhr wollte der Kläger mit seinem PKW vom Parkplatz eines Grundstückes in den Frankfurter Ring in München nach rechts einfahren. Der Frankfurter Ring hat an dieser Stelle zwei Fahrspuren in eine Richtung. Der Kläger behauptet, er habe an der Einmündung sein Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst und sei erst losgefahren, als die rechte Fahrspur frei war. In diesem Augenblick sei der Unfallgegner plötzlich und ohne zu blinken mit seinem Fahrzeug von der linken Fahrspur auf die rechte Fahrspur gewechselt, wo es zur Kollision kam. Der beklagte Unfallgegner behauptet, er sei bereits auf der rechten Fahrspur des Frankfurter Ringes gefahren, als der PKW-Fahrer aus der Grundstücksausfahrt einscherte. Der Kläger habe ihn offensichtlich übersehen. Der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen. Beide Autofahrer können keine Unfallzeugen benennen. Der Kläger hatte eine Dashcam in seinem PKW installiert, mit der der gesamte Vorfall aufgezeichnet wurde. Mit diesen Aufzeichnungen möchte er beweisen, dass er – entgegen dem Beweis des ersten Anscheins – nicht schuld an dem Unfall war. Das Amtsgericht München hat eine Verwertung und Verwendung der Videoaufzeichnungen als Beweismittel abgelehnt. Die Verwertbarkeit solcher Aufnahmen hänge nach ständiger Rechtsprechung von den schutzwürdigen Interessen der Parteien ab, die gegeneinander abzuwägen seien. Ein Indiz für die Beurteilung sei auch, ob ein Verstoß gegen einfachgesetzliche Bestimmungen vorliege. Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im PKW installierte Autokamera verstoße gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) sowie gegen § 22 S. 1 KUrhG (Kunsturhebergesetz) und verletze den Beklagten in seinem Recht auf Informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GG (Grundgesetz). Der Zweck der Autokamera, die Sicherung von Beweismitteln bei einem möglichen Unfall zu sichern, sei zwar hinreichend konkret, es würden aber die schutzwürdigen Interessen der Gefilmten überwiegen. Die Zulassung solcher Videos als Beweismittel würde zu einer weiten Verbreitung der Ausstattung mit Car-Cams führen. Was mit den Aufzeichnungen geschehe und wem diese zugänglich gemacht würden, wäre völlig unkontrollierbar. Die Verwendung der Autokamera verstoße auch gegen § 22 S. 1 KUrhG, wonach Bilder nur mit Einwilligung des Abgebildeten öffentlich gemacht werden dürften. Durch die unbefugte Erstellung von Aufnahmen werde weiter das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Dieses Recht könne eingeschränkt werden durch konkurrierende Grundrechte Anderer. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung festgestellt, dass allein das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Strafund Zivilrechtspflege nicht ausreiche, um im Rahmen der Abwägung stets von einem gleichen oder gar höheren Gewicht ausgehen zu können, als es dem Persönlichkeitsrecht zukomme.

Fazit:

Das Bundesdatenschutzgesetz bezweckt den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts. Danach ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung nur zulässig, wenn sie für einen konkreten Zweck erforderlich ist und nicht andere schutzwürdige Interessen überwiegen. Insofern ist der permanente Einsatz der Autokamera ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte nicht nur des anderen potentiellen Unfallbeteiligten, sondern auch von Personen, die außerhalb des KFZ am Straßenrand oder in anderen PKWs oder in sonstiger Weise am Straßenverkehr beteiligt sind. Besonders zu beachten ist, dass bezüglich der gewonnenen Daten keinerlei Kontrolle dahingehend stattfindet, was mit diesen Daten nach jeder Fahrt passiert, also ob diese gelöscht werden oder im Internet „landen“. Insofern sah sich das Amtsgericht München veranlasst, dieser Art der Datengewinnung einen Riegel vorzuschieben.

Beitrag veröffentlicht am
29. September 2014

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