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Einsicht in Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.07.2016 – 9 AZR 791/14

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei der Einsichtnahme in die über ihn geführten Personalakten.

Der Kläger ist nach einem Betriebsübergang bei der Beklagten als Lagerist beschäftigt. Die bisherige Arbeitgeberin des Klägers hatte diesem eine Ermahnung erteilt und seinen Antrag, unter Hinzuziehung einer Rechtsanwältin Einsicht in seine Personalakten zu nehmen, unter Hinweis auf ihr Hausrecht abgelehnt. Allerdings hatte sie dem Kläger gestattet, Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. Der Kläger hatte mit seinem Begehr, bei der Einsichtnahme in seine Personalakte seine Rechtsanwältin hinzuziehen zu dürfen, keinen Erfolg. Die bisherige Arbeitgeberin und aufgrund des Betriebsübergangs auch die jetzige Arbeitgeberin sind an ihre Erlaubnis gegenüber dem Kläger gebunden, für sich Kopien der in seinen Personalakten befindlichen Dokumente anfertigen zu dürfen, § 613a Abs. 1 S. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Der Kläger habe damit ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien den Inhalt der Personalakten mit seiner Rechtsanwältin zu erörtern. Der Arbeitnehmer habe das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen und hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen, § 83 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz). Die Regelung begründe aber keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers folge jedenfalls dann weder aus der Rücksichtsnahmepflicht des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Grundgesetz), wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall sei dem einem Beseitigungsoder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz hinreichend genügt, dem das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in die Personalakten dient.

Fazit:

Gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitnehmer das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen. Er kann hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen, welches über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren hat, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird. Dieses Recht ist individualrechtlicher Natur, d.h. es besteht unabhängig von der Existenz eines Betriebsrats. Für Personen, für die das BetrVG nicht gilt, kommt ein Anspruch auf Einsichtnahme aus einer vertraglichen Nebenpflicht in Betracht. Der Arbeitnehmer darf sich auf eigene Kosten Kopien fertigen. Ein Anspruch auf Überlassung der Personalakte besteht hingegen nicht. Kann der Arbeitnehmer sein Einsichtsrecht jedoch nicht persönlich wahrnehmen, kommt eine Wahrnehmung durch einen vom Arbeitnehmer Bevollmächtigten durchaus in Betracht. Der Arbeitnehmer darf das Einsichtsrecht während der Arbeitszeit ausüben, d.h. eine Entgeltkürzung für diesen Zeitraum ist nicht zulässig.

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