Einwilligung zur Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13
Eine ohne Einschränkung im Sinne von § 22 KUG (Kunsturheberrechtsgesetz) erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers zur Veröffentlichung von Bildnissen erlischt nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie kann zudem nur dann widerrufen werden, wenn dafür ein plausibler Grund angegeben wird.
Der Kläger war seit Sommer 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Im Herbst 2008 erklärte der Kläger schriftlich seine Einwilligung, dass die Beklagte von ihm als Teil der Belegschaft Filmaufnahmen macht und diese für ihre Öffentlichkeitsarbeit verwendet und ausstrahlt. Danach ließ die Beklagte einen Werbefilm herstellen, in dem zweimal der Kläger erkennbar abgebildet wird. Das Video konnte von der Internetseite der Beklagten aus angeschaut werden. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete im September 2011. Im November 2011 widerrief der Kläger seine „möglicherweise“ erteilte Einwilligung und forderte die Beklagte auf, das Video innerhalb von zehn Tagen aus dem Internet zu entfernen. Dem kam die Beklagte – unter Vorbehalt – Ende Januar 2012 nach. Der Kläger verlangt die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung und Schmerzensgeld. Er ist der Meinung, dass seine etwaig erteilte Einwilligung nicht über sein Ausscheiden hinaus gelte, denn diese habe er als Arbeitnehmer des Unternehmens erteilt und nicht als Privatperson. In jedem Fall habe er sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrufen können, denn es sei das legitime Interesse eines Arbeitnehmers, nach dem Ausscheiden aus einer Firma nicht mehr mit dem Arbeitgeber in Zusammenhang gebracht zu werden. Das Bundesarbeitsgericht lehnte die Ansprüche des Klägers ab. Selbst wenn die Abbildungen vom Kläger in dem Video seiner Einwilligung nach § 22 KUG bedurften, so habe die Beklagte diese erhalten. Auch das Erfordernis einer schriftlichen Einwilligung, das sich aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergebe, sei im Fall des Klägers erfüllt. Seine ohne Einschränkungen gegebene schriftliche Zustimmung sei nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses erloschen. Sein Sekundenauftritt diente nur Illustrationszwecken, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers wurde nicht in den Vordergrund gestellt. Ein späterer Widerruf sei zwar grundsätzlich möglich, jedoch habe der Kläger für diese gegenläufige Ausübung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung keinen plausiblen Grund angegeben. Er könne daher eine weitere Veröffentlichung nicht untersagen lassen und würde durch diese auch in seinem Persönlichkeitsrecht nicht verletzt werden.
Fazit:
Die Veröffentlichung von Videos oder Fotos mit Mitarbeitern auf der Unternehmenswebsite oder in sozialen Netzwerken ist nach wie vor ein heikles Thema. Verallgemeinerungen, wonach ein ehemaliger Mitarbeiter seine Verwendung in einem Werbefilm stets hinnehmen muss oder nie, lassen sich nicht anstellen. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat beispielsweise entschieden, dass ein Foto einer ehemaligen Mitarbeiterin von der Firmeninternetseite zu entfernen ist, obwohl diese bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ihre Einwilligung erteilt hatte und der Eintrag unter der fortlaufenden Rubrik "News" zu finden war, auf der neue Mitarbeiter vorgestellt wurden (Landesarbeitsgericht Hessen vom 24.01.2012 – 19 SaGa 1480/11). Für jeden Fall von den gefilmten oder fotografierten Mitarbeitern sollte daher eine schriftliche Einwilligungserklärung eingeholt werden, in welcher sowohl Zweck und beabsichtigte Verwendung der Aufnahmen als auch die Dauer der Veröffentlichung genau geregelt sind. Zudem wird es bei der rechtlichen Bewertung unter Umständen auch entscheidend sein, wie die Videoaufnahmen im Einzelfall konzipiert sind, d.h. ob der Mitarbeiter nur in einer „Nebenrolle“ für einige Sekunden oder vorrangig oder ob nur der betroffene Mitarbeiter in dem veröffentlichten Film zu sehen ist.