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Gesetzlicher Urlaubsanspruch nach unbezahltem Sonderurlaub

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.05.2014 – 9 AZR 678/12

Unbezahlter Sonderurlaub steht dem Entstehen eines gesetzlichen Urlaubsanspruches nicht entgegen.

Die Klägerin war bei der beklagten Klinik seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Vom 01.01.2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.09.2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach erfolglos von der Beklagten die Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hatte ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Nach § 1 BurlG (Bundesurlaubsgesetz) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Diese Vorschrift ist nach § 13 Abs. 1 S. 1 und S. 3 BUrlG unabdingbar. Die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruches erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit. Das BUrlG bindet den Urlaubsanspruch damit weder an die Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis noch ordnet es die Kürzung des Urlaubsanspruches für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG – Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) oder Wehrdienst (§ 4 Abs. 1 S. 1 ArbPlSchG Arbeitsplatzschutzgesetz) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG - Pflegezeitgesetz) findet sich dagegen nicht. Kommt es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, hindert dies grundsätzlich weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruches noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt. Der von den Parteien vereinbarte Sonderurlaub stand dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruches zu Beginn des Kalenderjahres 2011 daher nicht entgegen. Er berechtigte die Beklagte auch nicht zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs.

Fazit:

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts entsteht der (gesetzliche) Urlaubsanspruch grundsätzlich auch bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses, z.B. beim Bezug einer befristeten Erwerbsminderungsrente (so schon Bundesarbeitsgericht vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10). Fraglich war nun, ob dies auch dann gilt, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbaren durch unbezahlten Sonderurlaub. Mit der Argumentation, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt, hat dies das Bundesarbeitsgericht bejaht. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat dies bei einer einvernehmlichen Vereinbarung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses mit Urteil vom 21.06.2012 – 5 Sa 80/12 abgelehnt im Hinblick auf die Suspendierung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Hier ist das Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (Az: 9 AZR 766/12) noch anhängig. Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für Ruhensvereinbarungen allgemein, da die Arbeitsvertragsparteien die gesetzlichen Urlaubsansprüche nicht im Voraus ausschließen können.

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