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Keine Erstreckung einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel auf vorsätzliches Handeln

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2013 – 8 AZR 280/12

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine zwischen Arbeitsvertragsparteien vereinbarte Ausschlussfrist regelmäßig dahin auszulegen ist, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, sei dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt.

Zwischen den Parteien bestand seit dem 01.09.2009 ein auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine Ausschlussfrist vereinbart, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Die Klägerin war ab dem 16.11.2009 arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 vereinbarten die Parteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2010. Am 26.03.2010 teilte die Klägerin der beklagten Arbeitgeberin mit, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer am 30.08.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte die Klägerin erstmalig die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen "Mobbings" geltend. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts durfte die Klage nicht unter Verweis auf die vereinbarte Verfallklausel abgewiesen werden. Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist könnten die Parteien eines Arbeitsvertrages weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB). Zudem hafte der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Bei dieser klaren Gesetzeslage sei ohne besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollten. Im Übrigen wäre auch bei anderem Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche Klausel, anders als eine tarifvertragliche Normativbestimmung, unwirksam. Das Landesarbeitsgericht wird daher zu klären haben, ob eine vorsätzliche Handlung der Arbeitgeberin und ihrer Erfüllungsgehilfen einen Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld wegen "Mobbings" begründet.

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht stellt damit klar, dass eine arbeitsvertragliche Verfallklausel / Vereinbarung einer Ausschlussfrist nicht vorsätzliche Vertragsverstöße einbeziehen kann. Eine solche Regelung wäre im Übrigen bereits wegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da sie mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§§ 202 Abs. 1 und 276 Abs. 3 BGB) nicht vereinbar ist. Daher enthält eine Vereinbarung von Ausschlussfristen in der Regel, dass diese (u.a.) nicht für vorsätzliche Pflichtverletzungen gelten. Auch stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass diese Einschränkung einer Verfallklausel nicht für tarifvertragliche Regelungen gilt, nachdem diese nicht zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart, sondern von den Tarifvertragsparteien getroffen werden und diese normative Wirkung haben.

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