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Verwirkung eines Schmerzensgeldanspruchs wegen Mobbings

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2014 – 8 AZR 838/13

Der Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (Grundgesetz) kann verwirken. Allerdings genügen dafür ein bloßes „Zuwarten“ oder die Untätigkeit des Anspruchstellers nicht

Der Kläger macht gegen seinen früheren Vorgesetzten einen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Höhe von mindestens EUR 10.000,00 geltend. Er stützt sich dabei auf Vorfälle in den Jahren 2006 bis 2008, die er als Isolierung, Herabwürdigung und Schikane wertet. Der letzte Vorgang soll am 08.02.2008 stattgefunden haben. Der Kläger war 2007 an 52 Tagen, 2008 an 216 Tagen und 2009 durchgängig bis August arbeitsunfähig, unter anderem wegen Depression. Die Klage ging Ende Dezember 2010 bei Gericht ein. Das Landesarbeitsgericht hat einen möglichen Schmerzensgeldanspruch allein wegen Verwirkung abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, scheide hier aus. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei ein bloßes Zuwarten nicht als treuwidrig anzusehen. Ein Unterlassen begründe nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung dürfe nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung dürfe in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird. Das Landesarbeitsgericht habe nun zu prüfen, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festgestellt werden kann.

Fazit:

So einfach durfte es sich das Landesarbeitsgericht nicht machen. Eine Verwirkung ist dann (erst) gegeben, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Je länger der verstrichene Zeitraum ist, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Als Anhaltspunkt kann die Verjährungsfrist dienen. Tatsache ist jedoch, dass es sehr schwierig ist, tatsächlich ein Mobbinggeschehen nachzuweisen. Mobbing kann definiert werden als „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“ (Landesarbeitsgericht Thüringen – 5 Sa 403/00). Betroffenen sei empfohlen ein sogenanntes Mobbingtagebuch zu führen, um die fortgesetzte Handlungsweise zu dokumentieren. Aus der Definition geht insbesondere hervor, dass einzelne Verstöße zur Begründung eines Mobbingtatbestandes nicht ausreichen.

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