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Arbeitsverhältnis mit Entleiher bei widersprüchlicher Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 03.12.2014 – 4 Sa 41/14

Ein Arbeitnehmer kann einen Vertrag mit dem Unternehmen, bei dem er arbeitet, einklagen, wenn er zwar über Jahre von verschiedenen Drittfirmen angestellt worden war, diese Verhältnisse aber bewusst nicht als Arbeitnehmerüberlassungen ausgestaltet waren. Das plötzliche Berufen auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis sei dann widersprüchlich.

Der Kläger ist Entwicklungsingenieur. Er wurde bei der Beklagten seit 20.05.2011 durchgehend in derselben Abteilung auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt. Angestellt war er nacheinander bei drei verschiedenen Drittfirmen. Der Einsatz des Klägers bei der Beklagten erfolgte in Erfüllung sogenannter Rahmenwerkverträge zwischen den Drittfirmen und der Beklagten. Nach den gerichtlichen Feststellungen war der Kläger jedoch voll betrieblich eingegliedert und unterstand im Hinblick auf die zu erbringenden Arbeitsleistungen dem Weisungsrecht der Beklagten, was trotz gegenteiliger vertraglicher Bezeichnungen bewusst so gewollt war. Dem Kläger, der wegen dieses bloßen «Scheinwerkvertragsverhältnisses» die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend machte, wurde entgegengehalten, dass alle drei Drittunternehmen über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügten. Dass der Einsatz des Klägers bei der Beklagten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können, wurde jedoch weder im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und den Drittunternehmen noch in den Werkverträgen zwischen den Drittunternehmen und der Beklagten transparent gemacht. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat diese Konstruktion, anders als die Vorinstanz, als ein widersprüchliches Verhalten sowohl der Drittfirmen als auch der Beklagten gewertet, sich nunmehr auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis bei bestehender (Vorrats)- Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen zu wollen. Diese Verleiher und Entleiher hätten sich während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Klägers zu verhindern versucht. Folge ist nun, dass sich Verleiher und Entleiher nicht auf die „in der Schublade“ befindliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen dürfen. Mangels Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis sei der Arbeitsvertrag zwischen den Drittunternehmen und dem Kläger daher nichtig. Es gelte vielmehr ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten als zustande gekommen.

Fazit:

Bisherige Auffassung war, dass eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in der Schublade solche Werkverträge „retten“ konnte, die in Wirklichkeit als Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis zu werten waren mit der Folge, dass dann zwar ein solches Verhältnis feststand, das Arbeitsverhältnis trotz „Werkvertragskonstruktion“ nicht auf den Entleiher überging. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg schiebt nun der vielgeübten Praxis einen Riegel vor, nach welcher ein Werkvertrag statt der Überlassung des Arbeitnehmers „vereinbart“ wurde, um dem fingierten „Werkvertragler“ die Rechte eines Leiharbeitnehmers wie gleiche Bezahlung wie für einen beim Entleiher beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer (equal pay) nach § 9 Nr. 2 AÜG, Auskunftsansprüche nach § 13 AÜG, Informationspflichten des Entleihers über bei ihm freie Arbeitsplätze nach § 13 a AÜG, Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen beim Entleiher § 13 b AÜG usw. vorzuenthalten. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird bezüglich dieser Thematik jedoch noch abzuwarten sein.

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