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Kein Untergang des Urlaubsanspruchs durch Tod des Arbeitnehmers

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014 – C-118/13

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter.

Der Arbeitnehmer war vom 01.08.1998 bis zu seinem Tod am 19.11.2010 beim Arbeitgeber beschäftigt. Von 2009 bis zu seinem Tod war er aufgrund einer schweren Erkrankung mit Unterbrechungen arbeitsunfähig. Bis er starb, hatte er 140,5 Tage offenen Jahresurlaub angesammelt. Die Witwe des Arbeitnehmers forderte vom Arbeitgeber eine Abgeltung für den von ihrem Ehegatten nicht genommenen Jahresurlaub. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit entschieden, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers dessen Anspruch auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht unterginge. Versterbe ein Arbeitnehmer, so erlösche bereits deshalb zugleich sein auf Befreiung von der Arbeitspflicht gerichteter Urlaubsanspruch. Er wandele sich nicht in einen reinen finanziellen Urlaubsabgeltungsanspruch um, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 20.09.2011 – 9 AZR 416/10. Das nun mit der Sache befasste Landesarbeitsgericht möchte vom Europäischen Gerichtshof geklärt wissen, ob das Unionsrecht einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten gestattet, wonach im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht. Ferner möchte es wissen, ob eine solche Abgeltung von einem Antrag des Betroffenen im Vorfeld abhängt. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub mit seinem Tod nicht untergeht. Außerdem hängt die Abgeltung des Urlaubs nicht davon ab, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat. Das Unionsrecht stehe einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die für den Fall des Todes des Arbeitnehmers die Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub ausschließen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts und die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs stellten zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs dar.

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht hatte in seinen früheren Entscheidungen (vgl. oben) angenommen, dass der Urlaubsanspruch ein höchstpersönliches Recht des Arbeitnehmers ist, welcher mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers unterginge. Sinn des höchstpersönlichen Anspruchs des Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub sei die Erholung des Arbeitnehmers (und nicht eine Leistung zugunsten der Erben). Überdies hat das Bundesarbeitsgericht in seinen früheren Entscheidungen den Urlaubsabgeltungsanspruch, der zu zahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Arbeitnehmer noch Anspruch auf Gewährung von (Rest-)Urlaub hatte, § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), als bloßes Surrogat des ursprünglichen (höchstpersönlichen) Urlaubsanspruchs gesehen. Verstarb der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so konnten seine Erben nicht einmal den (rein finanziellen) Urlaubsabgeltungsanspruch geltend machen. Diese „Surrogatstheorie“ hat das Bundesarbeitsgericht bereits aufgegeben (vgl. die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07, vom 13.12.2011 – 9 AZR 399/10 und vom 19.06.2012 – 9 AZR 652/10). Der Urlaubsanspruch wandelt sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen reinen Geldanspruch um. Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass auch der Urlaubsanspruch selbst bei Tod des Arbeitnehmers nicht untergeht, er kann nun als Urlaubsabgeltung von den Erben geltend gemacht werden.

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