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Lohnanspruch auch bei Beschäftigungsverbot für Schwangere ab erstem Arbeitstag

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.09.2016 – 9 Sa 917/16

Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei einem bestehenden Beschäftigungsverbot setzt keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Maßgeblich ist allein das Bestehen eines

Arbeitsverhältnisses.

Die Parteien haben im November 2015 ein Arbeitsverhältnis beginnend zum 01.01.2016 vereinbart. Im Dezember 2015 wurde aufgrund einer Risikoschwangerschaft der Arbeitnehmerin ein ärztliches Beschäftigungsverbot erteilt. Die Arbeitnehmerin forderte unter Berufung auf § 11 MuSchG (Mutterschutzgesetz) die Vergütung, die sie bei Arbeitsaufnahme ab Januar 2016 erhalten hätte. Der Arbeitgeber lehnte dies unter Hinweis auf die zu keinem Zeitpunkt erfolgte tatsächliche Arbeit der Arbeitnehmerin ab. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab der Klägerin Recht. Nach seiner Auffassung setze der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Es komme nur auf ein vorliegendes Arbeitsverhältnis und allein aufgrund eines Beschäftigungsverbotes unterbliebene Arbeit an. Der Arbeitgeber werde hierdurch nicht unverhältnismäßig belastet, weil er die zu zahlenden Beträge aufgrund des Umlageverfahrens in voller Höhe erstattet erhalte. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Fazit:

§ 11 Abs. 1 S. 1 MuSchG regelt, dass schwangeren Arbeitnehmerinnen bzw. in Heimarbeit Beschäftigten vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren ist, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots […] teilweise oder vollständig mit der Arbeit aussetzen. Wird das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft begonnen, so ist der Durchschnittsverdienst aus dem Arbeitsentgelt der ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung zu berechnen (S. 3). Hat das Arbeitsverhältnis kürzer gedauert, ist der kürzere Zeitraum der Berechnung zugrunde zu legen (S. 4). Zeiten, in denen kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, bleiben außer Betracht (S. 5). Das Gesetz stellt damit nicht klar, ob der Arbeitgeber auch dann zu zahlen hat, wenn die Arbeit überhaupt noch nicht aufgenommen wurde. Das Wort „weiter“ in Satz 1 lässt eher vermuten, dass bereits die Tätigkeit aufgenommen und die entsprechende Vergütung gezahlt worden sein muss. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Arbeitnehmerin vor wirtschaftlichen Nachteilen infolge eines Beschäftigungsverbots zu schützen. Auch soll der Anreiz genommen werden, trotz eines Verbots weiter zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nachvollziehbar, auch wenn sich dies aus dem Gesetzeswortlaut nicht unbedingt ergibt.

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