Eherecht OLG Karlsruhe zur Mitverpflichtung des Ehegatten bei Handwerkeraufträgen für die Ehewohnung
Mit Beschluss vom 22.11.2017 – VII ZR 181/15 hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 15.07.2015 14 U 71/14) mit folgenden Leitsätzen bestätigt:
BGB § 631 Abs. 1, § 1357 Abs. 1 Satz 2
- Durch Geschäfte, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie getätigt werden, wird außer dem Handelnden (hier: dem Ehemann) auch der andere Ehegatte (hier: die Ehefrau) berechtigt und verpflichtet.
- Die Instandsetzung der ehelichen Wohnung dient dem elementaren Bedürfnis des Wohnens, so dass durch einen vom Ehemann geschlossenen Vertrag über Instandsetzungsarbeiten auch die Ehefrau mitverpflichtet wird.
Gründe:
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Verurteilung der Beklagten Ziff. 2 weiter. Er ist der Auffassung, die Beklagte Ziff. 2 sei neben dem Beklagten Ziff. 1 Vertragspartnerin des Klägers geworden. Dies ergebe sich daraus, dass sie Alleineigentümerin des Hausgrundstücks sei, an dem die Arbeiten durchgeführt worden seien; außerdem sei sie bei Gesprächen mit dem Kläger mitunter anwesend gewesen und an der Auswahl der Materialien bzw. Farbtöne beteiligt gewesen. Sie sei gegenüber dem Kläger als Bauherrin aufgetreten, insbesondere sei das Baugenehmigungsverfahren allein über sie gelaufen. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass die Beklagte Ziff. 2 in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des § 1357 BGB haften müsse, da es sich um Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gehandelt habe.
Die Beklagte Ziff. 2 verweist darauf, dass die Rechnungen, die der Kläger erstellt habe, lediglich an den Beklagten Ziff. 1 adressiert gewesen seien. Die Beklagte Ziff. 2 sei der deutschen Sprache nur unzureichend mächtig. Es handle sich nicht um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie, denn ein großer Bestandteil des Auftrags habe Gewerberäume betroffen.
…
1. Durch den unstreitig zwischen dem Kläger und dem Beklagten Ziff. 1 geschlossenen Vertrag über die Arbeiten in der Privatwohnung der Beklagten wurde die Beklagte Ziff. 2 gemäß § 1357 Abs. 1 BGB mitverpflichtet.
Durch Geschäfte, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie getätigt werden, wird außer dem Handelnden auch der andere Ehegatte berechtigt und verpflichtet. Mit dem Begriff des Lebensbedarfs knüpft das Gesetz an einen unterhaltsrechtlichen Begriff an (vgl. BGHZ 94, 1 Rz 26). Da die Instandsetzung der Wohnräume im Obergeschoss des Anwesens dem elementaren Bedürfnis des Wohnens diente, sind insofern die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2000 – 21 U 68/00).
Wie weit der angemessene Lebensbedarf der Familie reicht, bestimmt sich individuell nach den Verhältnissen der Ehegatten. Die Vorschrift des § 1357 BGB ist nicht restriktiv dahingehend auszulegen, dass ein Ehegatte nur aus solchen Geschäften des anderen mit verpflichtet wird, über deren Abschluss eine vorherige Verständigung zwischen den Ehegatten gewöhnlich nicht als notwendig angesehen wird. Wenn ein abgeschlossenes Geschäft erkennbar auf einer im Einzelfall erfolgten Abstimmung beider Ehegatten beruht, besteht vielmehr kein Anlass, an der Angemessenheit des Geschäfts zur Deckung des Lebensbedarfs zu zweifeln (vgl. BGHZ 94, 1, RZ 24, 34).
Wer Arbeiten zur Herstellung oder Wiederherstellung von Wohnräumen in einem Hausanwesen in Auftrag gibt, dessen Eigentümer einer der Eheleute ist, handelt im Rahmen der Angemessenheit im Sinne der Vorschrift. Aus der Sicht des Vertragspartners ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sich Arbeiten, die sich auf diese Räume beziehen, im Rahmen des Lebenszuschnitts der Familie befinden. Im vorliegenden Fall ergibt sich außerdem daraus, dass die Beklagte Ziff. 2 Eigentümerin des Anwesens ist und erkennbar mit den vom Beklagten Ziff. 1 erteilten Aufträgen, die sich auf das Anwesen bezogen, einverstanden war, dass eine vorher getroffene Absprache vorlag.
Die Voraussetzungen einer Mithaftung der Beklagten Ziff. 2 gemäß § 1357 BGB lagen daher vor.
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(Quelle Pressearchiv Bundesgerichtshof / Pressestelle OLG Karlsruhe)