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Arbeitsrecht Rückzahlung von Fortbildungskosten

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 03.03.2015 – 8 Sa 561/14

Die Vereinbarung einer Rückzahlungspflicht von Fortbildungskosten ist dann unangemessen benachteiligend, wenn die Rückforderungssumme das monatliche Brutto-Einkommen um ein Vielfaches übersteigt und es nur eine grobe jährliche Staffelung der Reduzierung der Rückzahlungspflicht gibt.

Der beklagte Arbeitnehmer wurde mit einem Weiterbildungsvertrag bei einer Kfz-Prüfstelle beschäftigt. Er sollte eine zehnmonatige Weiterbildung zum Prüfingenieur machen. Vereinbart wurde, dass er die Weiterbildungskosten dann zurückzahlen müsse, wenn er nicht mindestens drei Jahre bei der Prüfstelle bleibe. Die Rückzahlungskosten wurden auf die drei Jahre gestaffelt und jährlich um ein Drittel reduziert. Der Arbeitnehmer erhielt ein monatliches Gehalt von EUR 1.800,00 brutto. Der Arbeitgeber gab die Ausbildungskosten inklusive des Gehalts mit rund EUR 35.500,00 an. Als der Arbeitnehmer nach der Weiterbildung kündigte, verlangte der Arbeitgeber die Rückzahlung dieser Kosten.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Klage des Arbeitgebers abgewiesen. Der Arbeitnehmer sei durch den Vertrag über die Rückzahlung der Weiterbildungskosten unangemessen benachteiligt worden. Zum einen habe er überhaupt keinen Einfluss auf die Regelung gehabt. Der Arbeitgeber habe nicht nachweisen können, dass es sich bei diesem Vertrag mit der Rückzahlungspflicht um einen ausgehandelten und nicht lediglich um einen vorgeschriebenen Vertrag gehandelt habe. Tatsächlich hatte es auch keine Änderungen am Inhalt des Vertrages gegeben. Damit handele es sich bei diesem Vertrag tatsächlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Vor allem benachteilige der Vertrag den Arbeitnehmer aber deshalb unangemessen, weil die Rückforderungssumme, die das Brutto-Monatseinkommen des Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigt, bei einer dreijährigen Bindungsdauer nur eine grobe, jährlich gestaffelte Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsehe. Wegen dieser unangemessenen Benachteiligung sei die Rückzahlungsvereinbarung insgesamt unwirksam und der Prüfingenieur müsse sich nicht an den Kosten beteiligen.

Fazit:

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Fort- bzw. Weiterbildung finanziert, hat er regelmäßig ein Interesse daran, dass der Arbeitnehmer nach der Fort– bzw. Weiterbildung zumindest zeitweise weiterhin im Unternehmen verbleibt. Eine solche Bindung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber durch die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel erreichen. An die Rückzahlungsklausel sind hohe Anforderungen zu stellen. Diese wird in der Regel einseitig vom Arbeitgeber gestellt und ist damit Allgemeine Geschäftsbedingung, die einer strengen Inhaltskontrolle unterliegt.

Zunächst muss eine Vereinbarung über die Rückzahlung von Fortbildungskosten auch tatsächlich getroffen werden – ohne Vereinbarung besteht bereits keine Rückzahlungspflicht. Weiter darf die Fortbildung nicht nur den Interessen des Arbeitgebers dienen, sondern muss für den Arbeitnehmer die Möglichkeit zum weiteren beruflichen Aufstieg oder seine Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert.

Eine Rückzahlungsklausel ist auch dann unwirksam, wenn sie vorsieht, dass die Rückzahlung bei jeder Art von Kündigung durch den Arbeitnehmer fällig wird, ohne Rücksicht darauf, ob die Gründe der Beendigung in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.

Weiter ist eine Rückzahlungsklausel unwirksam, wenn nicht der Betrag der Rückzahlung für den Arbeitnehmer erkennbar ist und durch den Arbeitgeber im Falle eines Fälligwerdens festgelegt wird.

Ferner darf der Arbeitnehmer nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden werden. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen ist ein angemessenes Verhältnis zwischen der Aus-/ Fortbildungs- und Bindungsdauer herzustellen. Hierzu hat die Rechtsprechung Richtwerte in Ansatz gebracht. Je länger der Fortbildungszeitraum andauert, desto länger ist eine Bindung des Arbeitnehmers zulässig. Höhere Aufwendungen des Arbeitgebers können auch eine längere Bindungsdauer rechtfertigen.

Zu beachten ist nun weiter, dass die Höhe des verbleibenden Rückzahlungsbetrages nicht starr pro Jahr anteilig reduziert werden darf, also bei einer zulässigen Bindungsdauer von 2 Jahren, nicht pro Jahr um ½, die Reduzierung muss anteilig, vorzugsweise monatlich erfolgen.

Festzuhalten ist, dass Rückzahlungsklauseln ein hohes Risiko bergen. Folge eines Fehlers in der Vereinbarung ist deren vollständige Unwirksamkeit mit der Folge des Wegfalls der Rückzahlungspflicht. Weniger ist also im Zweifel „Mehr“.

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