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Sachgrundlose Befristung: Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages - Klagefrist

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.2013 – 7 AZR 468/12

1. Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) eines nach § 14 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages setzt voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrages in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt.

2. Die Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Bei mehreren aufeinander folgenden Befristungsabreden wird die Drei-Wochen-Frist für jede Befristungsabrede mit dem Ablauf der darin vereinbarten Befristung in Lauf gesetzt.

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31.05.2011 geendet hat. Am 15.06.2009 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag, wonach der Kläger ab dem 15.06.2009 als Vollzeitbeschäftigter befristet bis zum 31.12.2010 eingestellt war. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TVBA) Anwendung. Hiernach muss ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund mindestens sechs Monate betragen. Im Anschluss an die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 nahm der Kläger am gleichen Tage seine Tätigkeit auf. Unter dem 30.09.2010 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, gemäß dessen § 1 der Kläger als Vollzeitbeschäftigter bis zum 31.05.2011 weiterbeschäftigt wird. Mit der Klage vom 09.06.2011 hat der Kläger die Auffassung vertreten, die in der Änderungsvereinbarung vom 30.09.2010 vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages zum 31.05.2011 sei unwirksam. Die Befristung sei weder durch einen Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt noch habe sie sachgrundlos i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG vereinbart werden dürfen. Die Verlängerungsvereinbarung vom 30.09.2010 verstoße gegen § 33 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 TV-BA. Dies ziehe die Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung nach sich. Die erneute Befristung betrage nur fünf Monate und unterschreite damit die zwingende Mindestdauer von sechs Monaten. Auch die Verlängerung eines auf Zeit geschlossenen Arbeitsvertrages sei ein eigenständiger befristeter Arbeitsvertrag. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auch nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts haben die Parteien haben die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2011 in der Änderungsvereinbarung vom 30.09.2010 rechtswirksam vereinbart. Mit dem punktuellen Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung in der Änderungsvereinbarung vom 30.09.2010 zum 31.05.2011 aufgelöst wurde, hat der Kläger nur die letzte Befristungsabrede angegriffen. Nur diese Befristung ist Gegenstand der Befristungskontrollklage, die der Kläger am 9.06.2011 in der Frist des § 17 S. 1 TzBfG erhoben hat. Die Befristung in der Änderungsvereinbarung vom 30.09.2010 stellt eine wirksame Verlängerung des zulässig sachgrundlos befristeten Ausgangsvertrages dar, der für die Zeitdauer von 18 1/2 Monaten geschlossen war und damit i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig um fünf Monate verlängert werden konnte. Die Gesamtdauer der beiden Arbeitsverträge liegt unter zwei Jahren. Für die streitgegenständliche Befristung in dem daran anschließenden Arbeitsverhältnis bedurfte es deshalb keines Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Die Befristung verstößt auch nicht gegen § 33 Abs. 3 S.1 Halbs. 2 TV-BA. Die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung scheitert nicht schon daran, dass bereits zuvor ein unbefristeter Vertrag bestanden hätte.

Der ursprüngliche Arbeitsvertrag gilt schon nach § 17 S. 2 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) als bis zum 31.12.2010 wirksam befristet, weil der Kläger die Unwirksamkeit der Befristungsabrede nicht mit einer fristgemäßen Befristungskontrollklage geltend gemacht hat. Auf die vom Kläger gegen die Wirksamkeit dieser Befristung angeführten Gründe kommt es nicht an. Die Befristung in der Vereinbarung über die fünfmonatige Vertragsverlängerung vom 30.09.2010 ist nicht wegen Verstoßes gegen § 33 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 TV-BA unwirksam. Die tariflichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. § 33 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 TV-BA verlangt nur eine Mindestdauer des ersten sachgrundlos befristeten Vertrages, ist aber nicht auf Vertragsverlängerungen anzuwenden, nachdem dort nur von einem befristeten Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund, nicht aber von Verlängerungen befristeter Verträge die Rede sei.

Fazit:

Bei befristeten Verträgen ist einiges zu beachten. Folge einer unwirksamen Befristung ist gemäß § 16 TzBfG die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Nach § 14 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 TzBfG eines nach § 4 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrages in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Allerdings können die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen oder Arbeitsbedingungen vereinbaren, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Anderenfalls liegt bei der Vereinbarung von gegenüber dem Ausgangsvertrag geänderten Arbeitsbedingungen keine Verlängerung vor, sondern der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, der nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG nur mit Sachgrund zulässig ist. Weiter unbedingt zu beachten ist das Schriftformerfordernis wonach die Vereinbarung der Befristung der Schriftform bedarf, § 14 Abs. 4 TzBfG. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Befristungsvereinbarung auf einer einheitlichen Urkunde zu unterschreiben haben, und zwar vor Aufnahme der Tätigkeit. Dies gilt auch für die Vereinbarung der Verlängerung einer Befristung. Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, die Befristung sei nicht wirksam erfolgt, so muss er spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum vereinbarten Zeitpunkt geendet hat. Die Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Bei mehreren aufeinander folgenden Befristungsabreden wird die Drei-Wochen-Frist für jede Befristungsabrede mit dem Ablauf der darin vereinbarten Befristung und nicht erst mit dem Ablauf der letzten Befristung in Lauf gesetzt. Bereits der erstmals sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag und nicht erst die ihm nachfolgende Verlängerungsabrede muss daher mit der Befristungskontrollklage in der Frist des § 17 S. 1 TzBfG angefochten werden, wenn die Fiktionswirkung des § 17 S. 2 TzBfG i.V.m. § 7 Halbs. 1 KSchG nicht eintreten soll.

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