Sachgrundlose Befristung - Vorbeschäftigungsverbot - zeitlich uneingeschränkt
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26.9.2013 – 6 Sa 28/13
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz) zeitlich uneingeschränkt besteht. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ist weder auslegungsfähig noch verfassungskonform auslegungsbedürftig.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung. Die Parteien schlossen folgende, jeweils sachgrundlos befristete Arbeitsverträge: von 27.08.2007 bis 30.11.2007, am 24.01.2011 für die Zeit von 01.02.2011 bis 30.06.2011, am 10.06.2011 für die Folgezeit bis 31.05.2012 und am 24.05.2012 für die Folgezeit bis 31.01.2013. Der Kläger verdiente zuletzt EUR 2.674,59 brutto monatlich. Der Kläger macht nun die Entfristung seines Arbeitsverhältnisses und Weiterbeschäftigung geltend. Er ist der Auffassung, dass aufgrund der Vorbeschäftigung im Jahr 2007 die nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG zulässige Höchstbefristungsdauer für eine sachgrundlose Befristung überschritten sei. Das Arbeitsgericht hat die Klage unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg ist hingegen der Auffassung, dass die zuletzt vereinbarte Befristung für die Dauer von 01.06.2012 bis 31.01.2013 mangels Vorliegen eines Sachgrundes unzulässig ist. Aufgrund der Vorbeschäftigung des Klägers von 27.08.2007 bis 30.11.2007 war die sachgrundlose Befristung seines Arbeitsvertrages ab 01.02.2011, zuletzt am 24.05.2012 für die Zeit von 01.06.2012 bis 31.01.2013 nicht mehr zulässig. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe daher fort. Da das Arbeitsverhältnis fortbestehe, überwiege das Interesse des Klägers an seiner vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits das Nichtbeschäftigungsinteresse der Beklagten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch die Revision wegen Divergenz, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) aufgrund der Abweichung von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugelassen.
Fazit:
Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalenderbefristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 TzBfG. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 entschieden, dass der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ohne Grund bis zu 2 Jahren zu befristen, ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG entgegensteht, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als 3 Jahre zurückliegt. Es hat seine Auffassung damit begründet, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG („bereits zuvor“) zwingend kein bestimmtes Auslegungsergebnis gebiete. Es hat die Norm dann verfassungskonform dahin ausgelegt, dass sie kein zeitlich uneingeschränktes Zuvorbeschäftigungsverbot enthalte und im Wege der Rechtsfortbildung die Verjährungsfrist des § 195 BGB von 3 Jahren als angemessene "Lücke" zwischen einer Vor- und Nachbeschäftigung angesehen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hingegen hält den Wortlaut der Norm für eindeutig, sodass eine einschränkende Auslegung nicht möglich sei. Der Gesetzgeber habe überdies entsprechende Vorschläge zur zeitlichen Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots im Gesetzgebungsverfahren nicht aufgenommen. Vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2011 hat das Bundesarbeitsgericht jahrzehntelang die Auffassung vertreten, dass „bereits zuvor“ wörtlich zu fassen ist, also als ein „jemals zuvor“. Infolgedessen durfte mit einem Mitarbeiter keine Befristung ohne Sachgrund vereinbart werden, wenn dieser jemals zuvor bei diesem Arbeitgeber beschäftigt gewesen war. Dies betraf insbesondere bezahlte Praktika oder Werkstudententätigkeiten. Folge der dann unwirksamen Befristung ist, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet wird, § 16 TzBfG.
Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass mit Befristungen ohne Sachgrund vorsichtig umgegangen werden muss, insbesondere wenn jemals zuvor mit diesem Mitarbeiter ein entgeltpflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine (ggf. erneute) sachgrundlose Befristung zulässig ist, selbst wenn ein entgeltpflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit diesem Mitarbeiter mehr als 3 Jahre zurück liegt. Ggf. sollte die Befristung mit Sachgrund vereinbart werden, also beispielsweise zur Erprobung, § 14 Abs. 1 Nr. 5 oder zur Vertretung, § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG. Denken Sie auch an die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG, also beide Unterschriften – sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers – auf einer einheitlichen Urkunde (Arbeitsvertrag), und zwar vor Aufnahme der Tätigkeit! Dies gilt auch für die Verlängerungen nach § 14 Abs. 2 S. 1