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Unwirksamkeit einer vertraglichen Ausschlussfrist

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2014 – 5 AZR 700/12

Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, welche sowohl auf die Fälligkeit des Anspruchs als auch auf die Entstehung des Anspruchs abstellt, erschwert dem Arbeitnehmer das Verständnis der ihm mit der AGB-Klausel auferlegten Obliegenheit, wenn vom Verwender nicht klargestellt wurde, wann die Frist zu laufen beginnt. Die Klausel ist daher intransparent.

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay. Der 1979 geborene Kläger war vom 02.08.2010 bis zum 30.11.2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Er erhielt einen Stundenlohn von EUR 11,43 brutto. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), „medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft“ (medsonet) anderseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Folgende Ausschlussfrist war im Arbeitsvertrag geregelt:

„§ 9 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

2. Der Fristablauf beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

3. Lehnt die jeweils andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Geltendmachung, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

4. Abs. 1 und 2 gelten nicht für Ansprüche, die sich aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Mitarbeiters oder Z bzw. eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen von Z ergeben.

5. Abs. 1 und 3 gelten nicht, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten.“

Mit der Klage begehrte der Kläger die Differenzvergütung nach dem equal-payGrundsatz zur Höhe der Vergütung, wie sie bei dem Betrieb, in welchen der Kläger eingesetzt war. Die Beklagte machte den Verfall der Vergütungsansprüche unter Verweis auf die vertraglichen und tariflichen Ausschlussfristen geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Ansprüche des Klägers nicht verfallen sind. Die tariflichen Regelungen sind nicht wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden, nachdem nicht klar ist, welcher der verschiedenen genannten Tarifverträge unter welchen Voraussetzungen Anwendung finden soll. Auch ist die vertragliche Ausschlussfrist intransparent und damit unwirksam, weil sie zum einen auf den Fälligkeitszeitpunkt und zum anderen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs abstellt. Diese Zeitpunkte müssen nicht notwendig zusammenfallen. Ein Anspruch entsteht, sobald die dafür festgelegten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Seine Fälligkeit kann erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Wegen dieser Unklarheit ist die vertragliche Klausel zur Ausschlussfrist unwirksam.

Fazit:

Gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Klausel in einem Arbeitsvertrag unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt, wobei die unangemessene Benachteiligung sich daraus ergeben kann, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Daher ist in Arbeitsverträgen auf eine möglichst klare Formulierung zu achten.

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