Vergütung von Umkleidezeit als Arbeitszeit
Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23.11.2015 – 16 Sa 494/15
Die Umkleidezeit zählt dann zur Arbeitszeit, wenn die Arbeitskleidung stark verschmutzt wird und auffällig ist.
Der Kläger verlangte als Mitarbeiter eines Müllheizkraftwerks, dass ihm die Zeiten als Arbeitszeit vergütet werden, die für das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung auf dem Werksgelände und den Weg zwischen Umkleidestelle und Arbeitsplatz anfallen. Das Tragen von Schutzkleidung war für den Mitarbeiter verpflichtend. Die notwendige Arbeitskleidung wurde regelmäßig erheblich verschmutzt. Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag enthielt keine Regelung zur Bezahlung von Umkleidezeiten. Das Landesarbeitsgericht gab dem Kläger im Wesentlichen Recht. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts muss auch ein Arbeitgeber, der nicht vorgeschrieben hatte, die betriebliche Umkleidestelle zu nutzen, die Umkleidezeiten und die deswegen erforderlichen Wege als Arbeitszeit bezahlen. Voraussetzung ist, dass der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz – sei es im eigenen PKW, sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln – nicht zumutbar in Arbeitskleidung zurückgelegt werden könne. Das sei im vorliegenden Fall aus hygienischen Gründen weder dem Mitarbeiter selbst noch Mitreisenden in Bussen und Bahnen zuzumuten. Auch wenn der Arbeitgeber es nicht vorgeschrieben habe, könne die Arbeitskleidung faktisch nur im Betrieb an- und ausgezogen werden. Dort organisiere der Arbeitgeber auch die Reinigung der Arbeitskleidung. Außerdem sei das Firmenemblem sehr auffällig gewesen. Auch deswegen sei es für den Mitarbeiter nicht zumutbar, den Weg zur Arbeit in dieser Kleidung zurückzulegen.
Fazit:
Nach der Rechtsprechung gehören Umkleidezeiten zur Arbeitszeit, wenn das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf. Ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Arbeitskleidung im Betrieb anzulegen, kommt es darauf an, ob es ihm zumutbar ist, in Arbeitskleidung den Weg zur Arbeit anzutreten. Ist ihm dies zumutbar, kann er die Kleidung bereits zuhause anlegen und die Umkleidezeit im Betrieb ist keine Arbeitszeit. Ist ihm dies nicht zumutbar, ist die Umkleidezeit im Betrieb als Arbeitszeit zu vergüten. Wann dies zumutbar ist, hängt sicherlich vom jeweiligen Einzelfall ab, insbesondere, wenn die Arbeitskleidung mehr oder weniger auffällig ist. Bei hygienischen Fragen wird man indes stets von zu vergütender Arbeitszeit ausgehen können.