Verhaltensbedingte Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrers
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.04.2014 – 24 Ca 8017/13
Das Arbeitsverhältnis eines Berufskraftfahrers kann aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden, wenn er sein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führt, ohne dass der Kündigung eine Alkoholerkrankung des Berufskraftfahrers entgegenstünde.
Der Arbeitnehmer wurde als Berufskraftfahrer beschäftigt. Er verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64‰) einen Unfall, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Der Arbeitnehmer hat die Kündigung u.a. für unwirksam gehalten, weil er alkoholkrank sei; er habe seine vertraglichen Verletzungen daher nicht schuldhaft verletzt.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die ordentliche Kündigung für rechtswirksam gehalten. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten schwerwiegend und in vorwerfbarer Weise verletzt. Der Arbeitgeber dürfe von einem Berufskraftfahrer erwarten, dass dieser nüchtern zum Fahrtantritt erscheine und auch während der Fahrt keine alkoholischen Getränke zu sich nehme. Eine Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten; ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wiege auch derart schwer, dass ihm nicht mit einer Abmahnung hätte begegnet werden müssen. Der Arbeitgeber müsse dafür Sorge tragen, dass das Alkoholverbot von allen Fahrern beachtet werde; dies sei mit einer bloßen Abmahnung nicht zu erreichen. Auch habe der Kläger letztlich keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt.
Fazit:
Selbst unverschuldete Pflichtverletzungen können eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn dem Arbeitgeber die Fortdauer dieses Zustands auch dann nicht zumutbar ist, wenn die Pflichtverstöße dem Arbeitnehmer nicht vorgeworfen werden können, weil der Arbeitnehmer nicht schuldhaft gehandelt hat. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber die Gefährdung oder sogar die Schädigung anderer Straßenteilnehmer mit verursacht, wenn er den Busfahrer im angetrunkenen Zustand weiter im Straßenverkehr eingesetzt hätte. Die außerordentliche Kündigung scheiterte im Fall vor dem Berliner Arbeitsgericht bereits aus formalen Gründen; ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte, hat das Gericht daher nicht entschieden. Im Rahmen der Interessenabwägung ist aber stets zu prüfen – sofern im jeweiligen Fall denkbar – ob der Arbeitnehmer ggf. mit dessen Einwilligung auf eine andere Stelle versetzt werden kann.