Arbeitsrecht Angemessenheit eines Nachtarbeitszuschlags
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 – 10 AZR 423/14
Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen zur Höhe des Nachtarbeitszuschlags gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG (Arbeitszeitgesetz), so ist ein solcher regelmäßig und ohne besondere Umstände i.H.v. 25 % angemessen. Bei Dauernachtarbeit ist der Zuschlag regelmäßig mit 30 % zu bemessen.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst tätig. Seine Arbeitszeit einschließlich der Pausen liegt in der Regel zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn i.H.v. zunächst ca. 11 %. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20 % an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 30 % vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren. Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgeben, das Landesarbeitsgericht hingegen nur einen Anspruch i.H.v. 25 % festgestellt.
Die Revision des Klägers war vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich. Nachtarbeitnehmer haben – wenn keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen – nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Regelmäßig sei dabei ein Zuschlag i.H.v. 25 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen. Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt aber in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen könnten wiederum zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liege nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöhe sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 30 % bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauernachtarbeit erbringe, stehe ihm ein Ausgleichsanspruch i.H.v. 30 % zu. Unerheblich sei dabei, dass die Beklagte dem Kläger vor der eigentlichen Nachtarbeit, nämlich für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr einen weiteren Zuschlag gezahlt hat.
Fazit:
Gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG ist die Zeit zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr Nachtarbeit, wobei die Arbeitszeit mehr als 2 Stunden der Nachtarbeit erfassen muss, um als Nachtarbeitszeit zu gelten.
Gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Nachtarbeitnehmer Anspruch auf einen angemessenen Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt oder auf eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage. Wie hoch dieser Ausgleich sein soll, regelt das Gesetz nicht. In der Rechtsprechung hat sich im Allgemeinen ein Zuschlag von 25 % herauskristallisiert. Angemessenheit heißt aber auch, dass besondere Umstände zu berücksichtigen sind; im vorliegenden Fall fällt ins Gewicht, dass der Kläger nicht nur in Wechselschicht, sondern in Dauernachtarbeit arbeitet. Tarifvertraglich können andere Zuschläge vereinbart werden.
Zu beachten ist, dass Nachtarbeiter gemäß § 2 Abs. 5 ArbZG nur ist, wer aufgrund seiner Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nacharbeit in Wechselschicht zu leisten hat oder Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen leistet. Für eine einmalige Nachtarbeit kann also (noch) kein Zuschlag verlangt werden.