Arbeitsrecht Zulässigkeit einer Vertragsstrafenabrede im Arbeitsvertrag
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2015 – 5 Sa 531/14
- Formularmäßige Vertragsstrafen für den Fall des Nichtantritts der Beschäftigung sind zulässig.
- Eine außerordentliche Kündigung vor Beschäftigungsantritt wegen unwirksamer Arbeitsvertragsklauseln scheidet in der Regel aus.
Die Parteien schlossen am 13.01.2014 einen Arbeitsvertrag nach dessen Inhalt der Beklagte ab dem 01.02.2014 zu einem Monatsbruttogehalt von EUR 3.600,00 bei der Klägerin tätig werden sollte. Sie vereinbarten darin, dass vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses die ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei, eine Probezeit von sechs Monaten gelte und dass im Falle der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts zu zahlen. Am 14.01.2014 wandte sich der Beklagte an die Klägerin und teilte mit, dass verschiedene Klauseln des Arbeitsvertrages seiner Auffassung nach unwirksam seien. Die Klägerin lehnte eine Abänderung des Arbeitsvertrages ab, woraufhin der Beklagte das Arbeitsverhältnis am 16.01.2014 fristlos kündigte. Die Klägerin verlangt nun eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 1.800,00.
Das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt. Es hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bekräftigt, dass Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig seien, soweit sie nicht der „bloßen Schöpfung von Geldquellen“ dienten. Im vorliegenden Fall sei die Regelung hinreichend bestimmt und lasse es für den Arbeitnehmer erkennen, unter welchen Voraussetzungen die Vertragsstrafe verwirkt sei. Auch sei sie nicht unangemessen hoch. Eine Vertragsstrafe in Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für den Fall des Nichtantritts der Arbeit sei grundsätzlich angemessen. Der in dem Vertrag enthaltene Ausschluss der ordentlichen Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses sei ebenfalls zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht wirksam. Dem Beklagten sei die Aufnahme der Tätigkeit zumutbar gewesen. Selbst wenn einzelne Vertragsklauseln belastende Regelungen für ihn enthalten hätten und unwirksam wären, fehle es an einem wichtigen Grund für die fristlose Kündigung, da im Falle der Unwirksamkeit oder teilweisen Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen sich der Inhalt des Vertrages gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften richte. Ersichtlich habe der Beklagte die behauptete Unwirksamkeit zum Anlass genommen nehmen wollen, um sich aus der ihm lästig gewordenen vertraglichen Bindung – vertragsstrafenfrei – zu lösen. Dieses Motiv reiche zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nicht aus.
Fazit:
Das Bundesarbeitsgericht hat die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen in seiner Entscheidung vom 23.01.2014 – 8 AZR 130/13 bestätigt, jedoch festgehalten, dass zum Schutze des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen sei. Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran habe, den Arbeitsvertrag zu brechen. Hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe gilt, dass diese nicht höher als die Vergütung ausfallen darf, die der Arbeitnehmer bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist erhalten hätte (Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19.08.2010 – 8 AZR 645/09 sowie vom 18.12.2008 – 8 AZR 81/08). Auch der Ausschluss der ordentlichen Kündigung vor Beginn der Tätigkeit ist zulässig (Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.03.2004 – 2 AZR 324/03). Mit diesen Regelungen kann vermieden werden, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine verbindliche Zusage erteilt, dieser somit anderen Bewerber eine Absage erteilt und dann bei Beginn der Tätigkeit ohne einen neuen Mitarbeiter da steht. Theoretisch wäre zwar ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers wegen Vertragsbruchs wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist denkbar. Jedoch lässt sich der Schaden kaum konkret beziffern. Somit ist die (wirksame) Vertragsstrafenklausel das einzig effektive Instrument, um den Arbeitnehmer von einer vertragswidrigen Nichtaufnahme der Tätigkeit oder Beendigung abzuhalten.